Annekatrin Bertram in “Der Literat” über „Jein“

Georg Springmann beschreibt in seinem Debutroman „Jein“ die Geschichte einer Freundschaft. Seine Freundschaft zu seinem besten Freund. Und die einer Liebe. Der Liebe dieses Freundes zu einem Mädchen. Einem spanischen Mädchen. Nur eine Woche haben die beiden um die „Flamme“, im andalusischen Cádiz, das zwar von allen Seiten durch den Atlantik begrenzt, sich aber zum Auffinden eines Menschen dennoch als unüberschaubar erweist, wiederzufinden.

Freundschaft und Liebe sind die roten Fäden des Romans, die Themen, die sich in jedem der achtzehn mal spanisch mal deutsch benannten Kapitel wiederfinden und doch die Einzigen, die sich nicht unter den Titel subsumieren lassen. Zwei Themen, denen man mit einem Jein nicht begegnen kann, zwei, die Entscheidungen verlangen. Ein Ja oder ein Nein.

In anderen Dingen darf es ruhig ein Jein sein. Und an Anderem gibt es viel. Der Autor freut sich sichtlich darüber und der Leser mit. Mit einer überdurchschnittlichen Portion Wortwitz, (Selbst-)Ironie, mal mit tiefer Ernsthaftigkeit, mal mit euphorischer Leichtigkeit und über allem mit bestechender Genauigkeit kann man sich in den Bann seiner nicht selten auch nur banal-männlichen Gedanken und Empfindungen ziehen lassen. Viel zu theatralisch!, mag manch Einer denken und sich passagenweise so fühlen als sähe er vor lauter Wort-Blumen die Wiese nicht mehr. Andere tun es dem Autor gleich und fühlen sich in ihrer eigenen Leidenschaft bestätigt.

Nicht zuletzt verleihen sehr realitätsnahe Beobachtungen des Lebens im begehrten Süden den 223 erlebnisreichen Seiten besonderen Lesewert. Auf nahezu mitlebbare Weise beschreibt er ihn durch selbst Erlebtes als heiß, laut, impulsiv, lebensnah, aber auch als oberflächlich, einfältig und abgegrenzt. Mit weit über das touristische Auge hinausgehenden Betrachtungen erhält der Leser eine Begründung für die uns immer unbekannter werdenden engen Bindung innerhalb der Familie, die Bedeutung von Festen, von Traditionen. Einen kleinen Akzent setzt er mit der Beantwortung der Frage warum so viele andalusische Mittfünfzigerinnen Maria heißen, obwohl vielleicht als Carmen getauft: Sie verhalten sich nicht nur wie die Mutter aller, sie sind die Mutter aller sie Umgebenden.

Der bei Ehgart und Albohn im Taschenbuchformat erschienene Roman wartet auf eine breite Leserschaft. Auf all diejenigen, die selbst glauben ein wenig verrückt zu sein, auf die die glauben es täte ihnen gut, auf die, die beim Lesen das Schmunzeln nicht verachten und letztlich auf alle Frauen, die endlich wissen wollen warum Männer nur im Empfinden von echter Liebe monogam sind, es aber – zumindest in Gedanken – nicht lassen können alles auszuziehen, was sich in ihrer Nähe feminin bewegt.